«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

Shownotes

Im März 2023 wurde Konrad Hummler 70. Während andere in diesem Alter bereits seit fünf Jahren den Ruhestand geniessen, verspürt er noch immer Lust, neue Herausforderungen anzugehen. Er charakterisiert sich denn auch als Bergsteiger, der sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne gerne längere Touren in Angriff nimmt. Da dürfe es auch einmal steil werden und Durchhaltewillen gefragt sein.

In seiner langen beruflichen Karriere hat Hummler schon mehrmals bewiesen, dass das keine Floskel ist. Ob als geschäftsführender Teilhaber der Privatbank Wegelin & Co. oder als Verwaltungsratspräsident der Neuen Zürcher Zeitung: stets hat sich der St.Galler Projekte gesucht, die alles andere als eintönig sind.

Aktuell füllen die Tätigkeiten rund um das Beratungsunternehmen M1 AG, die J.S. Bach-Stiftung und den «Nebelspalter» seine Agenda noch mehr als genug aus. «Ob es jetzt zu viele oder zu wenig ist, ist immer wieder ein Diskussionspunkt mit meiner Familie», gesteht Hummler. Ihm sei es aber ein Anliegen, im Geist klar zu bleiben. «Und bis jetzt ist das bei mir wohl noch der Fall».

Als Tiefpunkt seiner beruflichen Karriere bezeichnet Hummler den Notverkauf «seiner» Bank Wegelin vor etwas mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig sei es aber auch ein Befreiungsschlag gewesen. «Sämtliche Schweizer Banken waren damals in einer misslichen Lage. Uns ist es als einzige Bank gelungen, den Fall innerhalb eines Jahres definitiv zu erledigen», schildert der ehemalige Bankier. Leid darüber zu sprechen sei er es nicht. Auch die Distanz zu diesem prägenden Ereignis befreie. Und dort, wo nach wie vor Narben spürbar seien, seien diese inzwischen nicht mehr so schmerzhaft.

Wie aber hat sich der Stellenwert des Schweizer Bankenplatzes inzwischen verändert? Für Hummler unangefochten ist nach wie vor das Vertrauen in dieses Land, in seine Stabilität, in seine Überlebensfähigkeit, seine Rechtsordnung und Professionalität. Das seien Qualitäten, mit denen die Schweiz punkten könne. Fällt aber nun nach dem Bankengeheimnis auch die Neutralität? «Die ist im Umbruch. Und das letzte Wort in dieser Sache ist bislang nicht gesprochen», so Hummler. Ob sie allerdings für den Finanzplatz von immenser Bedeutung ist, bezweifelt er.

Womit wir bei der Politik wären – und einem Schweizer System, das sich für Hummler gerade auch während der Coronazeit «bewährt» hat – wenn auch nur abgeleitet. Dank eines hohen Grades an Desorganisation und Dysfunktionalität habe die Schweiz in dieser Phase im Grunde vieles richtig gemacht. «Es war keine gewollte, gescheite Corona-Politik. Es war ein sympathisches, kleinstaatliches Chaos», kommentiert Hummler.

Der Begriff «Chaos» fällt in einzelnen Medien gerne auch, wenn es um die Beschreibung des Zustandes des «Nebelspalter» geht. Die Publikation von Chefredaktor Markus Somm hat bereits mehrere Korrekturen – inhaltlicher, aber auch personeller Natur – hinter sich.

Im Podcast-Gespräch sagt Hummler klar, dass es Formate gibt, die verbesserungswürdig seien. Andere hingegen hätten sich durchgesetzt und seien nicht mehr wegzudenken. Weitere Korrekturen würden aber folgen. Schon in Kürze wird die Online-Plattform in einem erneuerten Kleid auftreten. Wie stark das einstige Satire-Magazin dann noch auf diese Form setzen wird, wird sich zeigen. Für Hummler selbst stellt sie aber den interessantesten Teil der Publizistik dar. Ganz einfach, weil es kein Medium in der Schweiz gebe, die die Satire beherrsche. «Das wäre eine Chance. Nur muss man treffsicher sein und über die entsprechenden Leute verfügen.»

Hummler spart auch nicht mit der Kritik am Mediengeschäft – spricht gar von einem «Schweinegeschäft». Das dürfe einen aber nicht aus der Ruhe bringen. «Man hat es mit Leuten zu tun, die einem nicht das Beste wünschen», so Hummler. Und weiter: «Das Verschwinden des ‘Nebelspalter wäre für viele Verleger und Journalisten etwas vom Schönsten, was passieren könnte.»

Dieser Umstand sporne aber nur noch mehr an. Hummler weiss, dass der «Berg», den es beim «Nebelspalter» noch zu besteigen gilt, eine immense Höhe aufweist. Alles andere würde aber wohl auch nicht zu ihm passen, ihn allenfalls sogar langweilen. Und wenn es etwas gibt, was Konrad Hummler wohl nicht mag, ist es Langeweile.

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